Ich hatte gut geschlafen. Erstaunlich besser als im Milan, obwohl das Hotel wirklich sehr einfach ist. Das Zimmer ist gut, auch das Bad, aber am Frühstück merkt man den Unterschied.
Ich trödelte etwas. Irgendwie brauchte ich mal ein Stündchen so nur für mich. Ich checkte auch noch mal die Sehenswürdigkeiten und vor allem die Wege, da ich ja unterwegs kein WLAN habe. Habe ich mir im Hotel noch den U-Bahn-Plan ausdrucken lassen. Damit konnte ich gut meine Marschroute heute festlegen. Dafür machen sich Screenshots ganz gut.
Mein erstes Ziel war die Ko´Kaldosh-Madrasa. Ich konnte hinlaufen, es war nur etw ein Kilometer von meinem Hotel aus. Diese Koranschule wurde im 16. Jahrhundert gebaut und ist noch voll in Betrieb.
Ein herrlicher Garten war im Innenbereich zu sehen. Ein Euro Eintritt war erst mal fällig. Die Einnahmen wurden noch ganz sauber in eine Liste geschrieben, einschließlich der Info, aus welchem Land der Eintrittbegehrende kommt. 😉 Und dann war erst einmal ein Verkäufer von besonderen Souveniren am Bearbeiten der paar Touris, die sich das Ganze anschauen wollten. Warum sollte ich irgendwelche Kästchen und Stehrümchens oder gemalte Karten kaufen, wenn ich sie überhaupt nicht brauche. Und teuer wars ohnehin. Also verflüchtigte ich mich, wollte lieber um den Garten spazieren gehen.
Es gingen viele Arbeitsräume direkt vom Garten aus ab. Amüsiert hab ich mich, dass von allen drin Arbeitenden die Schuhe vor der Tür standen. Und es lagen vor vielen Türen die Gebetsteppiche. Alles in allem aber eine wunderschön ruhige Atmosphäre und ein sehr schönes Gebäude.
Die nächste U-Bahn-Station war Chorsu, die an dem großen Markt. Bevor ich aus dem Hotel ging, gab mir der Herr an der Rezeption eine Chipkarte. Es ist die zum Metrofahren. Sie hatte ein vorheriger Gast abgegeben, da noch Geld drauf war. Ich hab mich gefreut und bin heute den ganzen Tag umsonst U-Bahn gefahren. Obwohl: Ich hätte nur drei Mal bezahlen müssen, ich habs effektiviert. 🙂
Mein Ziel war der Fernsehturm. Dafür musste ich zwar zwei Mal umsteigen, aber ein Ticket gilt ja unendlich, wenn man die Bahn-Bereiche nicht verlässt. Die Stationen sind wirklich schön gemacht. Mich begeisterte eine nach der anderen.
Ich stieg in Bodomzor aus und musste noch ein ganzes Stück laufen. Aber das blühte mir ja heute den ganzen Tag. Ich bezahlte am Turm lediglich 40.000 Som, also 4 Euro. Die haben den ganzen Eingangsbereich nett gestaltet. Es gibt Modelle von allen möglichen Türmen aus aller Welt – etwas, was aber eigentlich auch jeder Fernsehturmbereich hat – zumindest kenn ich das so von Sydney, Vancouver und vielen mehr.
Oben war alles schön gemacht. Ich ging einmal herum und fragte dann nach WLAN. Super, die hatten! Und einen Cappuccino auch. So, saß ich gemütlich, ruhte mich etas aus, trank meinen Cappuccino und aktualisierte mal wieder alles im Internet.
Unmittelbar gegenüber vom Fernsehturm ist das Mahnmal für die gefallenen Soldaten, daneben ist auch noch eine Moschee.
Ich ging weiter zur nächsten U-Bahn und wollte nun wieder zurück in die Innenstadt. Ich wollte zur Heiligen Maria-Himmelfahrts-Kathedrale. Für mich war die Überlegung, welche Station ich aussteige, entschied mich dann aber für Oybek. Da ich jedoch unbedingt die Station Taschkent noch sehen wollte, fuhr ich erst dorthin, stieg aus, machte Fotos und fuhr postwendend die eine Station bis Oybek zurück. Da ich ja im Innenbereich geblieben bin, musste ich auch nicht neu löhnen.
Ich habe jetzt übrigens eine neue Erkenntis: Woran erkennt man, dass man älter wird? Wenn jeder, aber auch JEDER junge Mensch in der U-Bahn aufsteht und Dir den freien Platz anbietet. 😉
Ich weiß, in Deutschland sind wir davorn weit entfernt, aber hier ist das immer so. Auch wenn ich mich gar nicht setzen möchte, da ich ja an jeder Metro-Station erst mal rausspringe, Fotos mache und wieder reinhopse. Es ist ein MUSS!
Von der Kirche war ich begeistert. Schon von außen war die Kirche und das ganze Ensemble wunderschön, aber von innen war es ebenfalls sehr beeindruckend. Für mich ist die strenge Gläubigkeit der Menschen hier bemerkenswert. Schon beim Betreten des äußeren Geländes gehen sie nur mit Beten und Verbeugen rein, beim Betreten der Kirche kommt ein ganzel Ritual, bevor sie eintreten.
Ich hab es nicht ertragen können, dass ich da einfach so reinschlendere. Zwar bin ich mit den Gebeten nicht bewandert, aber verbeugt habe ich mich dennoch. Das ist so etwas wie das Betreten der Judo-Matte. Da gehe ich ja auch nicht rauf, ohne mich am Rand zu verbeugen.
Ich ging zurück zur Station Oybek und fuhr zur Station Mustaqilik Maydoni. Diese Metrostation hat eine wunderschöne schlichte Eleganz. Die wollte ich zum einen noch etwas länger genießen als bis dahin einfach mal raus aus der U-Bahn, Foto und wieder reinspringen.
Außerdem war mein Ziel das Denkmal für die Opfer des Erdbebens 1966. Ich nahm wieder meinen Screenshot und lief los. Sicherheitshalber fragte ich noch mal junge Leute, ob es die richtige Richtung ist, aber das wars dann doch nicht.
Junge Leute frage ich deshalb, da die Älteren nur Russisch und kein Englisch sprechen und mein Russisch ist zwar schon ein ganz klein wenig aus den verschlossenen Kästchen herausgekrochen, aber nur tschu-tschu. Ein herrlicher Begriff, der hier in Usbekistan mit „ein kleines bisschen“ übersetzt wird und der immer wieder kommt, wenn es eben nur ganz klein wenig ist. 😉
Ich steh jedenfalls plötzlich vor dem Temuridenmuseum und habe das Hotel Uzbekistan vor mir. Das kann nicht korrekt sein, dahin wollte ich nicht. Ein bisschen, tschu-tschu, hatte ich schon überlegt, ob ich mal im Uzbekistan nachfrage, ob ich ganz hoch fahren kann und den Amir-Timur-Platz von oben fotografieren könne. Aber es war bereits halb 5 durch und die Sonne versteckte sich gerade hinter den Hochhäusern. Also flott zurück und in die andere Richtung laufen. Unter uns, wir reden hier mal locker über zwei Kilometer bis zur Metro, dann noch einmal das Gleiche bis zum Denkmal.
Hinter der Metrostation dachte ich, dass ich doch noch mal frage, ob ich richtig sei. Und kennt Ihr noch den Spruch: Die Polizei, Dein Freund und Helfer? Das war sie in der Zeit hier in Taschkent schon öfter mal. Und da hier die Polizei allgegenwärtig ist und sogar auf offener Straße mich einfach mal anhält und höflich sagt, dass sie meinen Rucksack kontrollieren wollen, nutze ich natürlich dieses Potential auch aus. Also frage ich doch einen Polizisten, der da mit anderen an den eigenen Autos herumsteht, ob ich richtig sei. Nun verstehe ich immer noch nicht, warum welche Leute in welchem Alter Englisch können oder nicht, diese Polizisten waren der englischen Sprache weitestgehend nicht mächtig. Außerdem scheinen die ihre eigenen Достопримечательности – mein liebstes russisches Wort 😉 – Sehenswürdigkeiten – nicht zu kennen. Ich hatte auch nur einen Screenshot, da half auch kein Tippern und rumziehen auf dem Handy. Fakt ist, die wussten, dass es ein ganzes Stück sein müsste. Einer der Polizisten warf das Auto an und bedeutete mir, dass ich einsteigen solle. Ich ganz verblüfft, stieg ein und 200 Meter später stellte sich heraus, dass der junge Mann überhaupt nicht wusste, wohin er denn nun fahren sollte. Wir kamen sprachlich auch nicht zurecht. Kurzerhand verband er mein Handy mit seinem Internet, ich suchte in Maps den Weg und er fuhr mich unmittelbar bis vors Denkmal. An der Hauptstraße bei beginnender Rush-Hour direkt anhalten – das kann eben auch nur die Polizei. большое большое спасибо! Glücklicherweise habe ich ja die Grundbegriffe zumindest wieder drauf. 😉
Ich konnte das gar nicht fassen, selbst nach dem Aussteigen noch nicht. Aber es hatte eben den großen Vorteil, das ich noch so zeitig da war, dass das Licht zum Fotografieren noch ausgereicht hat.
Das Mahnmal hat mich sehr beeindruckt. Vor dieser Familie ist dargestellt, wie die Erde aufgerissen ist. Davor steht ein Block mit dem Datum 26. April 1966 und der Uhrzeit: 5:23 Uhr morgens. Das Epizentrum war genau im Zentrum von Taschkent. Es forderte acht Menschenleben und zerstörte die gesamte Stadt.
Ich wusste ja, wo ich nunmehr war und ging dann zurück zum Hotel Lotte und zum Opernhaus. Erstmals sah ich nun auch die Wasserspiele am Unabhängigkeitsplatz.
Meine Freunde reagierten dann auch nicht, als ich schon längst im WLAN-Bereich vom Lotte war. Also ging ich allein in unsere Gaststätte, aß eine schöne georgische Suppe Chartscho. Die schmeckt in diesem Restaurant wirklich lecker. Ich bestellte mir ein Taxi und ließ mich bis vor die Tür fahren. Ich konnte kaum noch laufen. Es waren heute mindestens 15 Kilometer Stadtlaufen.
Ich musste packen für unsere Reise nach Samarkand und Buchara. Morgen 7:40 Uhr steht der Abholservice vor der Tür.